Diakonie übernimmt Verantwortung für Medikamentenversuche

Das Diakonische Werk reagiert mit großer Betroffenheit auf die Studienergebnisse der Universität Lübeck zu Medikamentenversuchen in psychiatrischen Einrichtungen. Demnach wurden auch beim Landesverein für Innere Mission in Rickling in den 1950er und 1960er Jahren Medikamente an Patienten getestet.

„Es beschämt mich, dass es auch in einer diakonischen Einrichtung zu Medikamentenversuchen gekommen ist“, sagte Diakonie-Vorstand und Landespastor Heiko Naß. „Das hätte nicht passieren dürfen! Aus heutiger Sicht waren die Verhältnisse damals bestürzend und menschenunwürdig. Wir werden uns bei den Betroffenen entschuldigen und sie dabei unterstützen, dass sie Anerkennungsleistungen erhalten.“

Die Diakonie Schleswig-Holstein übernimmt Verantwortung für das Leid, das den Betroffenen widerfahren ist. Dazu wird die Aufklärung weiter vorangetrieben. Mehrere diakonische Einrichtungen haben die Studie die Universität Lübeck intensiv unterstützt. Außerdem hat das Diakonische Werk einen Archivar beauftragt, möglichen weiteren Verdachtsfällen nachzugehen.

Nordkirche und Diakonie haben mehr als 6,5 Millionen Euro für Anerkennungsleistungen zur Verfügung gestellt. „Wir ermuntern Betroffene, die noch keine Leistungen erhalten haben, bei der Stiftung Anerkennung und Hilfe einen Antrag zu stellen“, so Heiko Naß. „Das ist noch bis zum Sommer möglich. Wie bieten dabei unsere Unterstützung an. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, das die Antragsfrist bzw. die Laufzeit der Stiftung Anerkennung und Hilfe verlängert wird.“

Verantwortliche beim Diakonischen Werk sprechen mit den Betroffenen und bieten ihnen Unterstützung bei der Aufklärung an. Sie werden dabei unterstützt, Informationen darüber einzuholen, wann und wo sie in diakonischen Einrichtungen untergebracht waren. Das Diakonische Werk gibt rechtliche Ratschläge und vermittelt weitergehende Beratungen. Betroffene können sich zudem an eine vertrauliche und unabhängige Beratungsstelle wenden: vabs@kompass-ffa.de

„Es ist aber auch wichtig, dass wir die Psychiatrie damals und heute unterscheiden“, sagt Diakonie-Vorstand und Landespastor Heiko Naß. „Wir haben heute eine moderne Psychiatrie in Rickling, die mit ihren fachlichen Standards anerkannt ist, weit über die Landegrenzen hinaus. Noch heute werden Menschen stigmatisiert, wenn sie psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen. Deswegen ist es wichtig, dass wir einerseits Aufklärung betreiben aber gleichzeitig unterscheiden, wie psychiatrische Hilfe heute aufgestellt ist. Damit würdigen wir, was die Mitarbeitende in ihrer bemerkenswerten und herausfordernden Arbeit tun.“

 

Schleswig-Holstein 18:00 vom 21.04.2021, Live im Studio zu Gast ist Landespastor Heiko Naß (ab Minute 7:30)