Neuer Schuldenreport: Keine Trendwende bei überschuldeten Haushalten in Schleswig-Holstein

Die Zahl der überschuldeten Ratsuchenden in Schleswig-Holstein verharrt auf hohem Niveau. Das ergibt der aktuelle Schuldenreport, der jährlich von der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung mit Sitz in Rendsburg herausgegeben wird. „Die neuen Zahlen verdeutlichen, weder die gute Konjunktur noch die sinkenden Arbeitslosenzahlen verändern etwas an der Lage überschuldeter Menschen“, sagt die Leiterin der Koordinierungsstelle Alis Rohlf. „Das ist ein klares Zeichen für die immer weiter auseinandergehende soziale Schere in Deutschland.“

Im Jahr 2016 haben in Schleswig-Holstein 25.140 Menschen eine Schuldnerberatung aufgesucht. Damit ist die Zahl seit dem ersten Schuldenreport vor zwei Jahren nahezu stabil geblieben. Die Koordinierungsstelle Schuldnerberatung geht jedoch davon aus, dass der Beratungsbedarf wesentlich höher liegt. Die Daten basieren auf den Angaben aller 35 anerkannten Beratungsstellen im Land und sind daher repräsentativ.

 

Von Überschuldung besonders betroffen sind Single-Haushalte (50% aller überschuldeten Haushalte), Arbeitslose (43% gemessen an der Erwerbssituation), Menschen mit einem geringen Einkommen unter 900 Euro im Monat (46% gemessen an der Einkommenssituation) und alleinerziehende Frauen (13% aller Haushaltstypen). Auch Menschen mit einer geringen beruflichen Qualifizierung haben überdurchschnittlich viel mit hohen Schulden zu kämpfen.

 

Hauptauslöser für eine Überschuldung ist neben Krankheit, Scheidung und Arbeitslosigkeit die prekäre Einkommenssituation vieler Ratsuchender. „Selbst wenn sie einen Job haben, werden sie zum Teil so schlecht bezahlt, dass jede unvorhergesehene Ausgabe das Budget sprengen kann“, betont Alis Rohlf. „Daran konnte auch die Einführung des Mindestlohns nur wenig ändern.“ Angesichts des vergleichsweise großen Niedriglohnsektors in Deutschland sei zu befürchten, dass die Zahl der Menschen, die sich trotz Erwerbseinkommen überschulden, weiter ansteige, so Rohlf weiter.

 

Einen effizienten und nachhaltigen Ausweg aus der Überschuldung bietet die Schuldnerberatung. Eine Befragung unter Ratsuchenden in Schleswig-Holstein ergab, dass sich bei 85 Prozent nach Beginn der Beratung die finanzielle Situation entspannt hat. 83 Prozent kommen seither besser mit ihrem Geld aus und 92 Prozent zahlen wieder regelmäßig Miete, Strom und andere Fixkosten. Mit der finanziellen Lage verbessert sich in den überwiegenden Fällen auch die psychosoziale Situation. Während zu Beginn der Schuldnerberatung viele Klientinnen und Klienten unter Angstzuständen, Schlaflosigkeit und sozialer Isolation litten, sagten 86 Prozent von ihnen nach einem halben Jahr, es gehe ihnen jetzt besser. Von April 2016 bis März 2017 hatte die Koordinierungsstelle Schuldnerberatung insgesamt 1056 Ratsuchende nach der Qualität der Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein befragt.

 

„Die Ergebnisse dieser Befragung zeigen aber auch, dass die Menschen aus Angst und Scham oft viel zu spät eine Beratungsstelle aufsuchen“, sagt Alis Rohlf. „Wir helfen den Menschen nicht nur ihre finanzielle Situation in den Griff zu bekommen, sondern unterstützen sie auch, ihre gesamten Lebensverhältnisse zu stabilisieren. Dazu gehört vor allem der Erhalt des Arbeitsplatzes.“

 

In Schleswig-Holstein gibt es insgesamt 35 anerkannte und öffentlich geförderte Schuldnerberatungsstellen. Sie werden je nach Aufgabenbereich vom Land oder den Kommunen finanziert und erhalten darüber hinaus Unterstützung vom Sparkassen- und Giroverband. Die Koordinierungsstelle mit Sitz in Rendsburg begleitet den landesweiten, trägerübergreifenden Qualitätsprozess, fördert die Schuldenprävention und ist für die Fortbildung verantwortlich.

 

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Friedrich Keller
Pressesprecher
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