175 Jahre Diakonie: Wohlfahrtsverband warnt vor Einsparungen im sozialen Bereich

Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß

Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß hat die Bedeutung der Wohlfahrt für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie hervorgehoben. Gleichzeitig warnte er davor, die soziale Arbeit noch mehr den Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Effizienz zu unterwerfen. Anlass ist das 175. Jubiläum der Diakonie, das morgen (22.9.) mit einem Festakt in Berlin begangen wird. Am 22. September 1848 hatte Johann Hinrich Wichern mit seiner berühmten Stegreif-Rede auf dem Kirchentag in Wittenberg den Grundstein für die organisierte Diakonie gelegt.

„Wie damals steht unsere Gesellschaft auch heute vor großen Umbrüchen“, sagt Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß. „Die Herausforderungen heißen unter anderem: demografischer Wandel, hohe Lebenshaltungskosten und große Fluchtbewegungen. Dabei droht ein Teil unserer Gesellschaft, abgehängt zu werden. Unsere Aufgabe als Diakonie ist es, auf diese Missstände hinzuweisen sowie notleidende und hilfebedürftige Menschen, Familien und Kinder, Geflüchtete und Migranten zu unterstützen und ihnen Perspektive zu geben. Dafür engagieren sich allein in Schleswig-Holstein rund 49.000 Beschäftigte sowie Tausende Ehrenamtliche. Den Grundstein dafür hat Johann Hinrich Wichern gelegt. Angesichts leerer Kassen wäre es jetzt falsch, im sozialen Bereich zu sparen, etwa bei der Kindergrundsicherung, den Freiwilligendiensten oder den Jugendmigrationsdiensten. Das würde die Spaltung der Gesellschaft weiter verschärfen und letztlich die Demokratie gefährden. Wer heute spart, zahlt morgen drauf!“ 

Bei einem Festakt in Berlin erinnern morgen Vertreter aus Politik, Kirche, Diakonie und anderen Wohlfahrtsverbänden an die Ursprünge der organisierten Diakonie vor 175 Jahren. Die Zeit damals war von großen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Umbrüchen gekennzeichnet, die in Teilen der Bevölkerung zu Armut und Verelendung führten. In seiner Wittenberger Rede rief Wichern deshalb die evangelischen Kirchen auf, sich stärker und organisiert in der sozialen Arbeit zu engagieren. Nach dem Kirchentag in Wittenberg entstand in Deutschland ein Netzwerk aus kirchlichen Vereinen und Verbänden, die evangelische Krankenhäuser, Pflegeheime und Stadtmissionen gründeten.

Neben ihren Wurzeln hat die Diakonie im Jubiläumsjahr ihre Rolle beim Aufbau des Wohlfahrtsstaates im Blick, aber auch die dunklen Kapitel, wie ihre Verstrickungen während des Nationalsozialismus. Zum anderen stellt sie sich den Fragen der Zukunft, zum Beispiel, wie sich soziale Arbeit in Zeiten von Digitalisierung, Fachkräftemangel und demografischem Wandel weiterentwickeln soll und kann.

Die Diakonie ist der soziale Dienst der evangelischen Kirche. Unter ihrem Dach sind deutschlandweit gut 627.000 hauptamtlich Mitarbeitende in mehr als 33.000 Einrichtungen und Angeboten beschäftigt. In Schleswig-Holstein sind es rund 49.000 Beschäftigte in gut 1.600 Einrichtungen. Im Zentrum der Arbeit stehen Familien, Menschen in Not, Pflegebedürftige, Kranke, Menschen mit Behinderung sowie Geflüchtete und Migranten. Das Diakonische Werk Schleswig-Holstein mit Sitz in Rendsburg ist der Dachverband der Diakonie zwischen den Meeren.