Diakonie startet Winternotprogramm

Menschen, die auf der Straße leben, sind in diesem Winter besonders gefährdet.

Die Diakonie in Schleswig-Holstein schafft in der kalten Jahreszeit gemeinsam mit den Kommunen zusätzliche beheizbare Unterkünfte und Begegnungsmöglichkeiten für Obdachlose. Außerdem werden landesweit in den Tagestreffs und Beratungsstellen warme Kleidung und Schlafsäcke verteilt. Ziel ist es, Obdachlose vor dem Erfrieren zu schützen, ihnen Zugang zu sanitären Anlagen zu verschaffen und das Corona-Infektionsrisiko zu senken. Das Land Schleswig-Holstein fördert das Winternotprogramm mit 20.000 Euro. Zusätzliche 10.000 Euro steuert die Diakonie Stiftung Schleswig-Holstein bei.

„Menschen, die auf der Straße leben, sind in diesem Winter besonders gefährdet“, sagt Landespastor und Diakonie-Vorstand Heiko Naß. „Sich in Zeiten von Corona zurückzuziehen und Hygieneregeln einzuhalten, ist für sie fast nicht möglich. Dabei sind gerade sie oft gesundheitlich vorbelastet und gefährdet. Hinzu kommt, dass die bestehenden Tagestreffs, Bahnhofsmissionen und Notunterkünfte angesichts der strengen Hygieneregeln ihre Kapazitäten anpassen mussten. Die Mitarbeitenden der diakonischen Wohnungslosenhilfe setzen auch unter diesen Umständen alles daran, Kontakt zu den Betroffenen zu halten, ihnen zuzuhören, sie zu unterstützen und gemeinsam in Gesprächen Perspektiven zu erarbeiten.“

 

Das Winternotprogramm richtet sich an Wohnungslose, die „Platte machen“, also nur auf der Straße leben. Sie haben kein festes Dach über dem Kopf und lehnen es meist ab, in den bestehenden Notunterkünften zu übernachten. Oft scheuen sie die schwierigen Lebensbedingungen in den Unterkünften, in denen es kaum Privatsphäre gibt und zu Corona-Zeiten die Gefahr besteht, sich anzustecken.

 

Der Diakonie ist es ein großes Anliegen, möglichst viele Betroffene sicher unterzubringen. Deshalb schafft sie in Zusammenarbeit mit den Kommunen zusätzliche niedrigschwellige Angebote: In Kiel hat die Stadt neben den bestehenden Notunterkünften mehrere beheizbare Container mit 18 Plätzen bereitgestellt, die von Diakonie und Caritas betreut werden. In Lübeck stehen ebenfalls 25 zusätzliche Schlafplätze in Containern zur Verfügung, in Norderstedt weitere Räume in einem Gebäude. Die diakonische Wohnungslosenhilfe in Husum mietet wieder eine komplett eingerichtete Wohnung an, in der mehrere Personen untergebracht werden können. Außerdem werden in mehreren Städten Wohnungslose in Hostels oder Hotels untergebracht.

 

In den Tagestreffs können sich Wohnungslose aufwärmen, duschen, Wäsche waschen, ins Internet gehen und erhalten dort auch heiße Getränke. Außerdem verteilen die Einrichtungen für den Notfall Schlafsäcke, warme Kleidung, Socken und festes Schuhwerk.

 

„Seit Ausbruch der Coronakrise beobachten wir aber, dass sich Betroffene isolieren und Kontakte meiden, weil sie Angst haben, sich anzustecken“, sagt Friedemann Ulrich, Fachbereichsleiter für Wohnungslosenhilfe bei der Vorwerker Diakonie in Lübeck. „Außerdem können nicht mehr an allen Orten so viele Wohnungslose mit warmen Mahlzeiten versorgt werden, wie vor der Pandemie. Dagegen wollen wir mit den zusätzlichen Angeboten etwas tun.“ In Norderstedt beispielsweise wird alternativ warmes Essen in einem Außenbereich ausgeben, in Pinneberg ein entsprechendes Angebot entwickelt.

 

Neben der haupt- und ehrenamtlichen Hilfe sind alle Mitbürgerinnen und -bürger aufgerufen, in der kalten Jahreszeit wohnungslose Menschen im Blick zu behalten. „Ein heißes Getränk oder eine Suppe können helfen und ein Zeichen von Zuwendung sein. Liegt ein Obdachloser reglos auf dem Boden oder einer Bank und ist nicht mehr ansprechbar, sollte entweder die Polizei oder der Rettungswagen gerufen werden, unter 110 oder 112“, so Landespastor und Diakonie-Vorstand Heiko Naß.

 

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der von Wohnungslosigkeit betroffenen oder bedrohten Menschen in Schleswig-Holstein stetig gestiegen. 2019 nahmen 7.881 Menschen die Angebote der diakonischen Wohnungslosenhilfe in Anspruch. Das waren knapp 2.500 mehr als noch 2014. Brennpunkte sind die kreisfreien Städte Kiel, Lübeck, Flensburg und Neumünster. Aber auch im ländlichen Raum, zum Beispiel in Husum und Heide, sind die Zahlen kontinuierlich gestiegen. Insgesamt dürfte die Dunkelziffer aber wesentlich höher liegen. Die Zahlen der Diakonie bilden zwar einen sehr großen, aber nicht den gesamten Bereich der Wohnungslosenhilfe in Schleswig-Holstein ab.

 

Mit dem Thema Wohnungslosenhilfe setzt die Diakonie Schleswig-Holstein ihre landesweite Kampagne zum Wert sozialer Arbeit fort. Miteinander, Zuhören und Teilhabe sind nur drei Werte, für die diakonische Arbeit steht. Doch welchen Platz nehmen diese Werte in unserer Gesellschaft ein? Welche Rahmenbedingungen sind dafür nötig? Wie können Menschen dafür gewonnen werden, sich in sozialer Arbeit zu engagieren? Über diese Fragen möchte die Diakonie Schleswig-Holstein unter #WIRKLICHMACHEN eine Debatte anstoßen. Mit Plakaten, Aktionen, Veranstaltungen und in den sozialen Medien soll die Gesellschaft für die Werte sozialer Arbeit sensibilisiert und zusätzliche Fachkräfte gewonnen werden.

 

Mehr Infos unter: www.jobsmitwert.de