Hohe Nachfrage nach Suchtberatung - Diakonie fordert auskömmliche Finanzierung

Crack, Alkohol, Glücks- und Computerspiele, Social Media – für immer mehr Menschen in Schleswig-Holstein sind das die Auslöser von Suchterkrankungen. Entsprechend stark werden die Suchtberatungsstellen in Anspruch genommen. Doch die geraten zunehmend an ihre Grenzen. Hintergrund sind stetig steigende Kosten bei gleichbleibenden Zuschüssen. Erste Einrichtungen müssen Beratungsangebote einschränken. Die Diakonie fordert deshalb Land und Kommunen auf, die Suchtberatung angemessen zu finanzieren.

Unter dem Motto „Sucht betrifft uns alle – Hilfe auch!“ informieren morgen zum bundesweiten „Aktionstag Suchtberatung“ wieder viele Beratungsstellen über ihre Arbeit und die steigenden Herausforderungen: In Deutschland leiden rund 10 Millionen Menschen an einer Abhängigkeitserkrankung, Tendenz steigend. Gleichzeitig gibt es immer mehr Auslöser von Suchterkrankungen, etwa neuartige Drogen, Medikamente oder Spielangebote. Auch das Konsumverhalten verändert sich stetig. Ein Beispiel hierfür ist der polytoxe Konsum unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen, das heißt die wahllose und kombinierte Einnahme unterschiedlicher Substanzen. In der Folge werden neben der erhöhten Nachfrage die Suchtberatungen immer komplexer und zeitaufwendiger. 

„Suchterkrankungen sind kein Phänomen von Randgruppen“, sagt Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß. „Betroffen sind alle Altersgruppen und Schichten. Insofern ist es in unser aller Interesse, dass diesen Menschen geholfen wird. Die Beratungsstellen leisten dazu einen unverzichtbaren Beitrag: Sie retten Leben, begleiten und stabilisieren abhängigkeitskranke Menschen in Krisen und unterstützen hilfesuchende Angehörige. Letztlich tragen sie mit ihrer Arbeit dazu bei, die gesellschaftlichen Auswirkungen und Folgekosten von Suchterkrankungen zu mindern. Darüber hinaus engagieren sich die Beratungsstellen in der Präventionsarbeit zum Beispiel an Schulen, mit dem Ziel, ein suchtfreies Leben zu ermöglichen.“

Finanziert werden die Suchtberatungsstellen überwiegend vom Land Schleswig-Holstein und den Kommunen. Das ist im Rahmenstrukturvertrag „Soziale Hilfen“ geregelt, der 2022 aufgestockt und bis 2028 verlängert wurde. In dem Vertrag sind aber Tarifanpassungen sowie Miet- und Betriebskostensteigerungen nicht eingepreist. Außerdem ist die Suchtberatung als sogenannte „freiwillige Leistung“ nach dem Auslaufen des Vertrags 2028 nicht gesichert. 

„Die Folgen für die Beratungsstellen sind gravierend“, so Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß. „Einrichtungen müssen Angebote und Sprechzeiten einschränken und können sich nicht mehr im ausreichenden Maß auf neue Konsummuster und den sich stetig verändernden Markt einstellen. Hinzu kommt die Gefahr, dass bestimmte Personengruppen, wie wohnungslose und alte Menschen nur noch unzureichend versorgt werden können. Verschlimmern wird sich auch die Lage von Kindern aus suchtbelasteten Familien und von Betroffenen im ländlichen Raum. Das können und wollen wir so nicht hinnehmen.“

Die Diakonie fordert daher, dass Tarif- und Kostensteigerungen bei der Finanzierung der Suchtberatungsstellen künftig berücksichtigt werden. Außerdem sollte der Bund als Gesetzgeber die Suchtberatung von einer „freiwilligen Leistung“ in eine Regelfinanzierung überführen. Nur so ließen sich die Angebote der Einrichtungen dauerhaft aufrechterhalten und weiterentwickeln. Das sei auch ein Beitrag dafür, in Zeiten des Fachkräftemangels langfristig Beraterinnen und Berater binden zu können. Aus Sicht des Wohlfahrtsverbandes sollte zudem die Präventionsarbeit flächendeckend gestärkt werden. Ziel müsse es sein, Drogenmissbrauch und schädliche Mediennutzung vor allem bei Jugendlichen zu verhindern. 

Die Diakonie ist in Schleswig-Holstein einer der großen Träger von Suchtberatungsstellen. Neben den 20 Beratungsstellen gibt es unter dem Dach des Wohlfahrtsverbandes Fachkliniken, spezielle Wohngruppen für Suchterkrankte, Rehabilitationseinrichtungen und Projekte zur Begleitung von Kindern aus suchtbelasteten Familien (https://www.diakonie-sh.de/ich-suche-hilfe/suche/).