Teilhabe von Kindern stärken – Personalschlüssel verbessern!

Die Bedarfe und die soziale Teilhabe von Jugendlichen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe müssen stärker berücksichtigt werden. Das fordert die Diakonie Schleswig-Holstein angesichts zunehmender Corona-Lockerungen. Die Wohngruppen mussten in den vergangenen Wochen und Monaten massive Einschränkungen hinnehmen. Zudem legte die Pandemie strukturelle Defizite in der stationären Kinder- und Jugendhilfe offen. Vor diesem Hintergrund setzt sich die Diakonie für einen besseren Personalschlüssel sowie ein rasches Impfangebot für die Mitarbeitenden und Jugendlichen in den Einrichtungen ein.

„Hinter den Wohngruppen der stationären Kinder- und Jugendhilfe liegen harte Monate“, sagt Landespastor und Diakonie-Vorstand Heiko Naß. „Ich habe großen Respekt vor den Kindern und Jugendlichen und wie sie diese Zeit mit weitgehenden Kontaktbeschränkungen und Homeschooling gemeistert haben. Wie viele andere junge Menschen zeigten sie sich solidarisch mit den alten und von der Pandemie besonders gefährdeten Menschen. Mein Dank gilt auch den Betreuerinnen und Betreuern. Unter schwierigen Bedingungen ist es ihnen gelungen, die Jungen und Mädchen durch diese schwierigen Zeiten zu begleiten und ein gutes Miteinander zu ermöglichen. Sie haben gezeigt, wie wertvoll ihre Arbeit und ihr Einsatz für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt ist!“

Diakonie-Vorstand Heiko Naß zur schwierigen Lage in der Kinder- und Jugendhilfe durch Corona

In den vergangenen Monaten waren die sozialen Kontakte der Kinder und Jugendlichen außerhalb der Wohngruppen stark eingeschränkt. Sie durften Familien, Angehörige und Freunde kaum sehen. Außerdem mussten immer wieder ganze Wohngruppen oder einzelne Jugendliche wegen Infektionen mit dem Corona-Virus in Quarantäne. Eine große Herausforderung war auch das Homeschooling. In vielen Einrichtungen fehlten ausreichend Computer oder Laptops. Die Betreuerinnen und Betreuer mussten gleichzeitig Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Schulen und Klassen betreuen, mit teils unterschiedlichen Lernunterlagen und Konzepten für das Distanzlernen.

Erschwerend kam hinzu, dass es im Unterschied zu den Schulen für die Kinder- und Jugendhilfe keine Teststrategie gab und weder die Betreuenden noch die jungen Menschen in eine Impfpriorisierungsgruppe aufgenommen wurden. Die Betreuenden mussten ständig mit der Gefahr leben, sich und ihre eigenen Familien zu infizieren.

Die zurzeit niedrigen Inzidenzzahlen und die weitgehenden Öffnungen müssen aus Sicht der Diakonie dafür genutzt werden, dass die Kinder und Jugendlichen aus den Wohngruppen wieder stärker am sozialen und gesellschaftlichen Leben teilhaben können. „Vor diesem Hintergrund begrüßen wir `das Corona-Aufholprogramm´ der Bundesregierung“, sagt Phillip Diestel, Referent für Kinder- und Jugendhilfe beim Diakonischen Werk Schleswig-Holstein. „Die Mittel aus diesem Programm dürfen aber nicht nur zum Schließen von Lernlücken genutzt werden. Vielmehr müssen die Jugendlichen in ihren sozialen Kontakten und Kompetenzen gestärkt werden. Dazu benötigen wir auch Geld für Freizeitangebote, Ausflüge und Ferienfreizeiten.“ Außerdem müsse die Ausstattung der Einrichtung mit Computern verbessert werden. Nicht zuletzt sei es wichtig, dass die Jugendlichen bald ein Impfangebot erhielten.

Die Pandemie hat auch ein strukturelles Problem in der Kinder- und Jugendhilfe verstärkt: die ohnehin angespannte Personalsituation. Die für die stationären Wohngruppen in Schleswig-Holstein vereinbarten Personalschlüssel entsprechen überwiegend nicht mehr den Anforderungen an die Betreuenden. Es geht um die Arbeit mit oft hochbelasteten Kindern, Jugendlichen und deren Familien, intensive Erziehungsarbeit, Medienpädagogik und zunehmende Anforderungen an die Dokumentation. In der Pandemie kam noch das Homeschooling hinzu - und das alles im Schichtdienst. Überstunden haben sich angehäuft, Urlaub wurde nicht genommen. „Die Mitarbeitenden geraten zunehmend an ihre Grenzen“, sagt Claudia Langholz, Geschäftsführerin Kinder- und Jugendhilfe in der NGD-Gruppe.  „Um auch künftig in der stationären Kinder- und Jugendhilfe eine verantwortliche Betreuung gewährleisten zu können, muss der Personalschlüssel dringend angehoben werden.“

Claudia Langholz (NGD-Gruppe) zur schwierigen Lage in der Kinder- und Jugendhilfe durch Corona

 

Unter dem Dach der Diakonie Schleswig-Holstein gibt es rund 1.800 Plätze in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Dazu kommen teilstationäre und ambulante Angebote sowie zahlreiche Beratungsstellen. Wir unterstützen Kinder und Jugendliche bei Problemen in der Familie, der Schule und im Alltag. Unser Ziel ist eine sichere Umgebung für Kinder und Jugendliche, in der sie Anerkennung und Förderung bekommen und für ein selbständiges Leben vorbereitet werden.

Neben der Kinder- und Jugendhilfe engagiert sich die Diakonie in der Altenhilfe, sie unterstützt Familien, Menschen mit Behinderung, Kranke, Menschen in Notlagen sowie Migrantinnen und Migranten. In unseren 1.700 Einrichtungen und Angeboten arbeiten rund 30.000 Beschäftigte. Unter #WIRKLICHMACHEN wirbt die Diakonie für den Wert sozialer Arbeit und neue Mitarbeitende. Mehr Informationen dazu unter www.jobsmitwert.de

 

#WIRKLICHMACHEN: Wiebke betreut Fynn in einer diakonischen Wohngruppe