Unsere Freiwilligendienste liegen voll im Trend

Vor über 60 Jahren gab die Diakonie den Impuls für die Freiwilligendienste in Deutschland. Die Idee, praktische Tätigkeit und begleitende Bildung miteinander zu verknüpfen, breitete sich rasch in viele Bereiche der Gesellschaft aus. Heute absolvieren mehr als 100.000 Menschen pro Jahr ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), ein Freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ), einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) oder einen Internationalen Freiwilligendienst.

Die Erfindung und Etablierung der Freiwilligendienste ist eine Erfolgsgeschichte: Von Anfang an waren sie Ausdruck eines innovativen Zeitgeistes. Neben dem stetigen Anstieg der Teilnehmendenzahlen spielt auch die qualitative Weiterentwicklung eine große Rolle. Der Charakter der Bildungs- und Orientierungsjahre muss stets den höchsten Standards entsprechen. Nach Aussetzen der Wehrpflicht und somit des Zivildienstes wurde das Angebot der Freiwilligendienste mit dem Bundesfreiwilligendienst ausgebaut: Menschen, die gerne ein Freiwilliges Soziales Jahr oder einen anderen Freiwilligendienst absolvieren möchten, haben heute, 50 Jahre nach der Erfindung des FSJs, hohe Chancen diesen zu absolvieren.

 

1954

Start des Programms als Diakonisches Jahr in der Diakonie Neuendettelsau, Bayern

1964

Das Gesetz zum Freiwilligen Sozialen Jahr tritt in Kraft.

Ende 1960er

Neue jugendpolitische Ansätze verändern die Ausrichtung des FSJ/DJ. Einsatzfelder kommen hinzu, der Bildungsanteil und die pädagogische Begleitung werden gestärkt. 

Ende 1970er

Die Anzahl der Teilnehmenden nimmt weiter zu. Grund ist auch der Mangel an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Der Freiwilligendienst ist in Gefahr, als arbeitsmarktpolitisch instrumentalisiert zu werden

1980er und -90er

Einführung des freiwilligen Ökologisches Jahres (FÖJ) als Modellprojekt

Mitte 1980er

Das Diakonische Jahr im Ausland (DJiA) startet.

ab 1990

Das FSJ/DJ wird auch in den neuen Bundesländern eingeführt

1993

Das FSJ/DJ-Gesetz wird novelliert und ein Gesetz zur Förderung des FÖJ verabschiedet. Zusätzlich werden einjährige Auslandsdienste in europäischen Ländern möglich.

2002

Das Spektrum der Einsatzfelder wird ausgebaut, die Dauer des Freiwilligendienstes flexibilisiert und die Altersgrenze herabgesetzt. Kriegsdienstverweigerer dürfen ihren Zivildienstes auch im Rahmen des FSJ oder FÖJ zu leisten.

2011

Durch die Aussetzung der Wehrpflicht endet der Zivildienst. Der Bundesfreiwilligendienst wird eingeführt.

2015

Das Bundesfreiwilligendienstgesetz wird befristet um den Paragraphen "BFD mit Flüchtlingsbezug" ergänzt

 

Entwicklung der Freiwilligendienste beim Diakonischen Werk Schleswig-Holstein

 

Bis zum Jahr 2002 leisteten beim Diakonischen Werk Schleswig-Holstein im Jahresschnitt 170 junge Menschen ein FSJ, davon waren bis zu 80 Prozent weiblich. 70 Prozent hatten Abitur. Danach stieg die Zahl der Freiwilligen beim Diakonischen Werk Schleswig-Holstein kontinuierlich an. Seit Einführung des Bundesfreiwilligendienstes leisten jährlich zwischen 700 und 800 Freiwillige ihren Dienst in einer diakonischen Einrichtung. Damit einher ging eine Verschiebung der Bildungsabschlüsse.

 

Das begleitende Bildungskonzept wurde ständig an die Bedürfnisse der Teilnehmenden angepasst. Ein Beispiel dafür war das spendenfinanzierte Konzept „FSJ mit Erwerb des mittleren Bildungsabschlusses“ für Hauptschüler. Auf dieser Grundlage wurde dann 2011 im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes in drei verschiedenen Regionen ein zweijähriger kombinierter Dienst mit dem Ziel eingeführt, die Mittlere Reife zu erlangen. Dieses Projekt war bundesweit einmalig und ermöglichte jährlich bis zu 45 Teilnehmenden die Chance, anschließend eine Ausbildung in pflegerischen oder pädagogischen Ausbildungsgängen zu beginnen.

 

Eine Evaluation unter den Teilnehmenden ergab zudem, dass viele den Freiwilligendienst nutzen wollen, um sich beruflich zu qualifizieren. Daher wird seit 2010 die Möglichkeit geboten, im Rahmen eines einjährigen Freiwilligendienstes die Qualifizierung zur Betreuungsassistenz zu erlangen. Darüber hinaus nehmen seit Einführung des Bundesfreiwilligendienstes jährlich bis zu 50 Personen über 27 Jahre den Dienst auf und entscheiden sich in der Regel für einen beruflichen Neu- oder Umstieg in ein soziales Arbeitsfeld.

 

Formale Bildung in den Freiwilligendiensten wird u.a. bei den bundesweiten Zentralstellen eher kritisch bewertet, da der Freiwilligendienst ein außerschulisches Bildungsangebot darstellen soll. Die Wünsche der Freiwilligen und die mit den Bildungsmaßnahmen erreichten Erfolge sind aber ein gutes Argument dafür, Kurs zu halten.

Herausforderungen und Perspektiven

 

Flexibilität und Kontingentierung

Interessierte bewerben sich zunehmend sehr kurzfristig für einen Freiwilligendienst. Dies erfordert ein hohes Maß an Flexibilität bei der Seminargruppenzuordnung und regionaler Einteilung. Kurzfristige Bewerbungen lassen sich nur im Format FSJ umsetzen. Beim BFD verhindern Vorlauffristen von mindestens sechs Wochen kurzfristige Bewerbungen.

 

Die den Trägern zugewiesenen Kontingente sind bei der Einplanung der Freiwilligen eine große Herausforderung. Daraus können eine Kontingentüber- bzw. -unterschreitung folgen.

 

Akquise neuer Teilnehmenden-Gruppen

Das Diakonische Werk möchte Menschen verschiedener Sozialisation, Glaubensorientierung und Altersgruppe für die Freiwilligendienste gewinnen und Orte für ihr Engagement schaffen. Dazu müssen die Freiwilligendienste eigenständiger und wieder subsidiärer werden. Das Profil des BFD als Bildungs- und Orientierungszeit sollte für alle Beteiligten verbessert werden.

 

Ausgehend von der These rückläufiger Bewerberzahlen (analog der Situation auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt) ist aus Trägersicht die Bewerbung neuer Zielgruppen sinnvoll. Hierzu zählen insbesondere die über 27-jährigen. Weiterhin stellt sich die Frage nach einem geordneten Verfahren zur Rekrutierung ausländischer Bewerberinnen und Bewerber.

 

Anfragen jüngerer Interessierter mit Handicaps und Einschränkungen scheitern häufig an der fehlenden Möglichkeit, den Freiwilligendienst auch in Teilzeit absolvieren zu können. Daher plädieren wir an dieser Stelle für eine gesetzliche Legitimation.

 

Die regionalen Einsatzstellen planen, künftig Informationsveranstaltungen vor Ort durchzuführen. Interessierte können so die Einsatzstellen vorab kennenlernen. Dabei sollen verstärkt ehemalige und aktuelle Teilnehmende eingebunden werden (Botschafterprinzip). Zusätzlich bedarf es eines gemeinsamen Konzeptes für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

 

Wertschätzung und Anerkennungskultur

Neben einer wertschätzenden und anerkennenden Gestaltung des Freiwilligendienstes ist die Forderung einer gesamtgesellschaftlichen Anerkennung zu stellen. Hierzu gehören:

  • Anerkennung des Dienstes bei Ausbildungs- und Studiengängen
  • Vergünstigungen im öffentlichen Nahverkehr
  • Würdigung der Alltagshelden in Veranstaltungen oder Presseberichten

 

Wertschätzung bedeutet aber auch, einen behutsamen Umgang zu pflegen und vor allem bei den jungen Menschen die Lust zu wecken, sich zu engagieren und nach Abschluss des Freiwilligendienstes als Mitarbeitende in den Einrichtungen zu bleiben.

 

Forderungen auf Landesebene

Um die Attraktivität der Freiwilligendienste zu erhöhen, haben sich Diakonie und weitere Träger in Schleswig- Holstein auf folgende Forderungen geeinigt:

  • Erhöhung der Fördersätze des Landes
  • Transparenz bei der Vergabe der Landesmittel
  • Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards bei allen Trägern im Land
  • Ermäßigungen in landeseigenen Einrichtungen

 

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