Wohlfahrtsverbände gegen Aussetzen des Familiennachzugs

Der aktuelle Beschluss des Bundeskabinetts, den Familiennachzug für subsidiär Geflüchtete für zwei Jahre auszusetzen, sorgt bei den Wohlfahrtsverbänden in Schleswig-Holstein für Unverständnis und Ratlosigkeit. Dass der Familiennachzug für eine kleine, vulnerable Gruppe von international anerkannten Schutzsuchenden vollständig ausgesetzt werde, sei nicht nachvollziehbar und zutiefst kritikwürdig.

Aus Sicht Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein LAG hat Deutschland eine lange Geschichte der Einwanderung. Die Zuwanderung trage zur positiven Entwicklung unseres Landes bei, da sie den Arbeitsmarkt in systemrelevanten Bereichen, wie z.B. der Pflege und den Reinigungsdiensten, mit Fachkräften und Arbeitskräften versorge. Mit dem Aussetzen des Familiennachzuges würden nicht nur einwanderungswillige Menschen abgeschreckt. Auch bereits gut integrierte Menschen würden durch die Trennung von ihrer Familie gedrängt, ihren Arbeitsplatz und unser Land wieder zu verlassen. Dass sei nicht nur angesichts des Fachkräftemangels politischer Unsinn.

Bundesminister Dobrindt begebe sich zudem mit dem Narrativ, dass Familiennachzug ein „Pull-Faktor“ sei als Legitimation für seinen Gesetzesentwurf auf einen bedenklichen Weg. Die von Deutschland ratifizierte Menschenrechtskonvention und der Grundgesetzartikel 6 zum Schutz von Ehe und Familie seien gültig. Wenn nun mit fragwürdigen Logiken universelle Grundrechte ausgehebelt würden, habe das mit einer umsichtigen Einwanderungspolitik für unseren demokratischen Rechtsstaat nichts zu tun, so die Wohlfahrtsverbände.

“Das Aussetzen des Familiennachzuges gefährdet damit unsere wirtschaftliche und demokratische Entwicklung“, kritisiert die LAG-Vorsitzende Annette Langner (DRK SH) das Vorgehen scharf. ”Dass der Familiennachzug in der Regel die einzige legale Zugangsmöglichkeit für die Familienangehörigen von hier lebenden Schutzberechtigten ist, wird im aktuellen Gesetzentwurf überhaupt nicht berücksichtigt. Ausgerechnet diese Option ist gut steuerbar und somit vorausschaubar planbar. Dies sollte doch einer Regierung, die so sehr darauf drängt, das Feld zu kontrollieren, besonders wichtig sein. Wer diese Möglichkeit verhindert, der drängt Familien – überwiegend Frauen und Kinder – auf den unsicheren Fluchtweg und muss dafür die volle Verantwortung übernehmen.“ 

Der Vorstandsvorsitzende der AWO SH Michael Selck weiter: „Die Aussetzung des Familiennachzugs arbeitet gegen das Ziel einer erfolgreichen Integration. Von der eigenen Familie getrennt zu sein, diese sogar in Gefahr zu wissen, erschwert einen erfolgreichen Integrationsprozess. Wer also Integration fördern will, muss auch den Familiennachzug fördern statt verhindern. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hat keinen Bezug zu einer zukunftsweisenden Integrationspolitik, er berücksichtig weder rechtsstaatliche und humanitäre Aspekte oder Erfordernisse und vernachlässigt bürokratische Aspekte in der Beratungspraxis. Vielmehr bedient er in seinem kurzatmigen Populismus eine politische Stimmung, die nicht Grundlage von Staatshandeln sein darf.“

 

Mitglieder der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege Schleswig-Holstein sind:

  • Arbeiterwohlfahrt Landesverband Schleswig-Holstein e.V.
  • Caritas im Norden
  • Diakonisches Werk Schleswig-Holstein Landesverband der Inneren Mission e.V.
  • Der Paritätische Schleswig-Holstein
  • DRK-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.
  • Jüdische Gemeinschaft Schleswig-Holstein K.d.ö.R.
  • Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein, K.d.ö.R.