Wie schwierig die Lage für Wohnungsuchende im Kreis Segeberg ist und dass hohe Mieten auch dort Armut verursachen, schilderten Betroffene gleich zu Beginn des Aktionstags:
„Es gibt kaum Wohnungsangebote, und wenn doch, nur da, wo es keine Einkaufsmöglichkeiten oder Ärzte gibt.“
„Für Wohnungsbesichtigungen muss ich oft lange Wege in Kauf nehmen. Gleichzeitig ist das Angebot des Nahverkehrs sehr schlecht.“
„Bei Kündigungen sind die Fristen oft zu kurz, um neuen Wohnraum zu finden.“
„Die Mietpreise sind sehr hoch und mit meinem geringen Einkommen nicht zu stemmen.“
„Weil ich Bürgergeld beziehe, werde ich bei der Wohnungssuche benachteiligt.“
Diese Aussagen bestätigte Vanessa Trampe-Kieslich, Geschäftsbereichsleiterin Soziale Hilfen bei der Diakonie Altholstein: Demnach sind hohe Mieten und Wohnungsmangel nicht nur ein Problem in Städten wie Kiel und Lübeck. Auch im ländlichen Bereich fehlen bezahlbare Wohnungen. Dort werden meist keine Sozialwohnungen gebaut. Dagegen fördern Gemeinden eher Wohneigentum, in der Hoffnung auf finanzstarke Einwohner. Im Hamburger Umland kommt hinzu, dass in den vergangenen Jahren viele Pendler dorthin gezogen und dadurch die Mieten massiv gestiegen sind. In touristisch geprägten Gebieten, wie an der Westküste, wird regulärer Wohnraum zunehmend in Ferienwohnungen umgewidmet.
Nach Erkenntnissen der Diakonie sind für viele Menschen aus den ländlichen Regionen die hohen Mieten eine große Belastung. Ihre Einkommen sind häufig niedrig; prekäre Beschäftigungsverhältnisse, geringe Renten und hohe Wohnnebenkosten verschärfen die Lage. Viele Haushalte geben inzwischen mehr als ein Drittel ihres Einkommens für Wohnkosten aus, manche sogar mehr als die Hälfte. Wohnen macht arm! Besonders betroffen sind ältere Menschen, Alleinerziehende, Auszubildende und Erwerbslose.
Diese Entwicklung spiegelt sich in den Statistiken der diakonischen Wohnungslosenhilfe und Schuldnerberatung wider. Beide Angebote wurden in den vergangenen Jahren immer mehr auch von Menschen im ländlichen Raum genutzt. Allein im Kreis Segeberg nahmen 2024 mehr als 1.900 Menschen die Beratungen der Wohnungslosenhilfe in Anspruch. Außerdem: Am 31. Januar 2025 waren laut Statistischem Bundesamt in dem Kreis 3.445 Menschen in einer Notunterkunft untergebracht.
Vor diesem Hintergrund diskutierten die Teilnehmenden des Aktionstags, wie die Situation von Wohnungssuchenden im Kreis Segeberg verbessert werden kann:
Im Mittelpunkt stand die Forderung nach mehr bezahlbarem Wohnraum. Dazu müssten die strengen Bauvorschriften und -auflagen gelockert werden, um die hohen Baukosten einzudämmen. Die Teilnehmenden sprachen sich zudem dafür aus, alternative Wohnformen, wie zum Beispiel Tiny-Häuser, zu fördern und die Umwandlung von Mietwohnungen in Ferienwohnungen zu verbieten.
Als großes Problem wurde der teils unzureichend ausgebaute öffentliche Nahverkehr in den ländlichen Regionen identifiziert. Um einer Arbeit nachgehen zu können, müssten Menschen mit geringem Einkommen und ohne Auto immer wieder bezahlbare Wohnungen in kleineren Gemeinden aufgeben und in teurere Mittelzentren ziehen. Hier schlugen die Teilnehmenden vor, das Netz von Anruf- und Bürgerbussen sowie von Angeboten für preisgünstige Leihfahrräder auszubauen.
Für Menschen, die keinen Wohnraum finden und auf Notunterkünfte angewiesen sind, forderten die Teilnehmenden menschenwürdige Standards für diese Unterkünfte. Dazu zählten die Unterbringung in Einzelzimmer, Schutzräume für Frauen und Kinder, gepflegte Sanitäranlagen, Kochmöglichkeiten und eine gute Anbindung an Einkaufsmöglichkeiten und soziale Angebote.
Die Vorschläge des Aktionstages werden nun vom Diakonischen Werk Schleswig-Holstein fachlich bearbeitet, zusammengefasst und in die zuständigen Gremien der Kommunen, Kreise und des Landes eingebracht.