Kindergrundsicherung: Wer bei den Kindern spart, zahlt später drauf!

Die Diakonie Schleswig-Holstein fordert erneut die rasche Einführung einer auskömmlich finanzierten Kindergrundsicherung. Es sei das Recht jedes Kindes, nicht in Armut und mit guten Zukunftschancen aufzuwachsen, so Diakonievorstand und Landespastor Heiko Naß. Deshalb bedürfe es dringend einer existenzsichernden und bürokratiearmen Grundsicherung. Vor diesem Hintergrund hat die Diakonie Deutschland heute eine Kurzexpertise der DIW Econ zur Kindergrundsicherung und den Folgekosten von Kinderarmut vorgestellt. Der Wohlfahrtsverband möchte damit die Debatte versachlichen.

„Wer über vermeintlich zu hohe Kosten einer Kindergrundsicherung für den Bundeshaushalt diskutiert, sollte unbedingt einmal die Folgekosten von Kinderarmut in den Blick nehmen“, sagt Diakonievorstand und Landespastor Heiko Naß. „Kinder, die armutsbedingt schlechtere Bildungschancen haben und weniger gesund aufwachsen, verursachen oft als Erwachsene weitaus höhere Kosten, als wenn wir frühzeitig in ihre ökonomischen und sozialen Chancen investieren. Das würde sie dabei unterstützen, ein selbständiges Leben mit höheren Einkommen und weniger Abhängigkeit von staatlichen Hilfen aufzubauen.“

Laut Statistischem Bundesamt ist der Anteil von Kindern, die von Einkommensarmut betroffen sind, zwischen 2010 und 2021 von 18,2 auf 20,8 Prozent gestiegen. Auf Grund der sprunghaft angestiegenen Inflation wird davon ausgegangen, dass inzwischen jedes vierte Kind von Armut und Ausgrenzung betroffen ist. Knapp zwei Millionen Kinder unter 18 Jahren leben nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit in Bedarfsgemeinschaften mit Bürgergeld-Bezug, davon mehr als die Hälfte in Haushalten von Alleinerziehenden.

Studie „Kosten (k)einer Kindergrundsicherung: Folgekosten von Kinderarmut“

Die Kurzexpertise der DIW Econ, einer Beratungstochter des DIW Berlin, zeigt unter anderem auf, dass Kinder aus armutsbetroffenen Familien als Erwachsene oft schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben und deshalb weniger Steuern und Sozialbeiträge bezahlen. Außerdem haben sie oft eine schlechtere Gesundheit, weil sie sich mangelhaft ernähren und weniger Sport und Freizeitangebote wahrnehmen können. Das steigert langfristig die Kosten für die Gesundheitsversorgung. Das sind nur zwei Folgen von Kinderarmut, die die Studie in Betracht zieht.

Unter Berufung auf die OECD schätzt die Studie die gesellschaftlichen Gesamtkosten durch vergangene und aktuelle Kinderarmut in Deutschland auf jährlich 100 Milliarden Euro. „Im Vergleich dazu sind die 12 Milliarden Euro, die das Bundesfamilienministerium für die Kindergrundsicherung in die Hand nehmen möchte, ein schulterbarer Betrag“, so Diakonievorstand und Landespastor Heiko Naß. „Damit könnten wir einen wesentlichen Teil der Folgekosten einsparen.“ 

Aus Sicht der Diakonie sollte die Kindergrundsicherung einen einheitlichen Garantiebetrag enthalten, der an alle Kinder ausgezahlt wird und sie unabhängig vom Einkommen der Eltern absichert. Hinzu müsste ein einkommensabhängiger Betrag kommen sowie andere Leistungen für die Teilhabe, etwa für Klassenfahrten, Sportvereine oder die Musikschule. Das Ganze sollte automatisiert und unbürokratisch ausgezahlt werden, damit alle Berechtigten die Leistungen erhalten. Dieses System würde das bislang unübersichtliche und ungerechte Nebeneinander von Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag, Kinderregelsätzen und Pauschalen des Bildungs- und Teilhabepakets ablösen.